Wieso und Warum?
Warum und wieso?“ frage ich mich gerade, während ich mich zusammen mit meinem Fotobuddy in stockfinsterer Nacht mit einem Haufen Fotoequipment, Stativ und dick eingemummelt einen Berg hochquäle.
Um vier Uhr tutete der Handywecker unerbittlich. „Geh du erst“, murmelt Sebastian in meine Richtung. Wir sind nach 16 Stunden Fototour eigentlich gerade erst ein paar Stunden im Bett. Weil wir aber auch den heutigen Sonnenaufgang mitnehmen wollten, haben Seby und ich gestern, zusammen und nach guter Abwägung, beschlossen heute noch einmal loszuwackeln. Wie gesagt, dieser Entschluss war gestern. Nur wenige Stunden später sieht das schon ganz anders aus! Ich betrachte beim Zähneputzen im Badezimmerspiegel mein Gegenüber und wundere mich, wie man so unmotiviert aussehen kann. Raik hat uns lieberweise einen Track zu einer kleinen, aber feinen Location gegeben, die wir nun aufsuchen.
Nachdem Sebastian auch aus dem Bett geplumst war und die kurze, aber dringende Gesichtsbehandlung hinter sich gebracht hatte, fuhren wir los. Nach irgendwo im Nirgendwo. Gott sein Dank hatte wir den GPS-Track. Und so kraxele ich fluchend und mittlerweile mächtig schwitzend, weil gut eingepackt, weiter den Berg hinauf. Der Pfad ist irgendwie nicht mehr als ein Hasenpfad und geht steil bergauf. Im düsteren Wald sieht man nur unsere kleinen Taschenlampen und das Display meines Handys. Der View-Ranger erweist sich als kompetenter Führer und wir verlaufen uns auch nur einmal.
Über uns gibt es ein mächtiges Geraschel und wir reißen die Taschenlampen hoch. Unser Geschnaufe hat eine Eule erschreckt, wild flatternd sucht sie auf dem Ast halt und fliegt schließlich davon. Durch die Bäume können wir ganz leicht die Dämmerung wahrnehmen, jetzt wird es aber Zeit! Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir oben an und schauen uns um. Direkt an den Klippen stehen die Reste eines Wehrturmes, mit grünem Moos bewachsen, wir blicken über die Felsen direkt in das Herz des Pfälzer Waldes! Wie beeindruckend. Irgendwelche Esoteriker haben mit Steinen kleine Felsentürmchen aufgehäuft. Wofür weiß ich nicht, aber die mystische Stimmung diese Ortes überträgt sich auf uns. Wir gehen weiter auf die Felsspitze und bauen die Ausrüstung auf. Um uns herum herrscht eine absolute Stille, in der Ferne rufen ab und zu Käuzchen. Fledermäuse flattern um unsere Stative und einige Mücken gehen gerade zum Angriff über. Trotzdem fühle ich mich irgendwie wohl, geborgen, wirklich besonders. Vielleicht ist es einfach das Wissen, das diese Momente nicht jeder erlebt.
Wir machen unsere ersten Aufnahmen und sind begeistert. Schon auf dem Display kann man sehen, dass das hier großes Kino wird! Der Mond steht noch am Himmel und belichtet die Szenerie mit einem blassen, weißen Licht. Wunderbar. Leider will kein Nebel auftauchen, überhaupt scheine ich mit Nebel auf dem Kriegsfuß zu stehen. Egal, es ist wunderschön hier oben. Am linken Rand der Bühne hat nun die Sonne ihren Auftritt. Sie schickt ersten Strahlen über die Bergkämme, taucht die Spitzen in ein weiches, goldenes Licht. Wir sind begeistert. Die Speicherkarten füllen sich. Schnell mal die Position gewechselt und kurz mit Sebi ausgetauscht. „Was nimmst du für einen Filter und wie lange belichtest Du?“ Eine halbe Stunde später ist die Sonne hochgestiegen, die Magie verfliegt. Der Tag beginnt. Es ist nicht weniger spektakulär hier oben, aber die ganz besondere Stimmung ist dahin. Die Müdigkeit ist wie verflogen, wir haben ein intensives Naturerlebnis gehabt, wir haben etwas genossen, was andere nie sehen werden. Wir haben Das leichte Glühen gesehen, wenn die Morgendämmerung hereinbricht. Haben gesehen, wie sich der Himmel pastellfarben färbt. Haben gefühlt, wie uns die ersten wärmenden Sonnenstrahlen getroffen haben. Es hat sich gelohnt!
Und die Frage, die sich mein Unterbewusstsein natürlich für diesen Moment aufbewahrt hat, kommt wieder. „Wieso und warum?“
Jetzt kann ich wenigestens die Antwort geben:„Na, deswegen! Weil es geil ist!“
